Hallo Mathias Wehr! Schön, dass du in der wunderschönen Wetterau angekommen bist. Wir haben einige Fragen. Wir freuen uns sehr, dass du dich bereit erklärt hast, mit der Stadtkapelle Karben zusammenzuarbeiten und ein Werk für uns zu komponieren. Wir sind schon sehr aufgeregt und gespannt auf das Stück. Hier sind nun einige Fragen:
Die Frage ist tatsächlich äußerst interessant. Ich probiere so lange verschiedene Melodien oder Akkordfolgen am Klavier aus, bis mir eine gefällt. Dies kann durchaus eine Weile dauern, da ich nicht gleich die erste Akkordfolge wähle. Ich experimentiere weiter und weiter, und manchmal landen Wochen an Arbeit einfach im Müll, weil sie mir nicht zusagen. Dann fange ich von Neuem an und setze den Prozess fort, bis ich zufrieden bin. Interessanterweise landen Melodien, die ich ursprünglich als die Hauptmelodie gedacht hatte, manchmal nach drei Wochen als Nebenmelodie in einem Zwischenteil. Es ist auch schon oft vorgekommen, dass Nebenmelodien, wie eine einfache Basslinie zum Beispiel, sich weiterentwickeln und immer wichtiger werden, bis sie schließlich zum Hauptmotiv werden. Ein gutes Beispiel dafür ist Destination Proxima Centauri B mit den ersten drei Tönen auf der Flöte (singt) A, C, H. Anfangs sind es nur drei Töne, aber am Ende entfalten sie sich mit voller Pracht und Größe – wie ihr euch erinnern könnt – und das passiert einfach, ohne dass man das genau erklären kann, warum das so ist.
Das ist ganz einfach. Es gab eine Ausschreibung für einen Kompositionswettbewerb auf Korfu in Griechenland. Ich dachte mir: Korfu? Das klingt großartig, ich bin dabei! Das war meine Motivation, mich zu bewerben. Dann habe ich ein Stück geschrieben und es Throne of the North genannt. Ich hatte schon immer den Wunsch, etwas in Richtung Mittelalter und Wikinger zu komponieren, also habe ich es umgesetzt. Ich habe kurz überlegt, ob ich es Throne of the South nennen sollte, aber das konnte ich nicht aussprechen. Daher entschied ich mich für Throne of the North. Das klang einfacher. (lacht)
Dann erhielt ich tatsächlich den Anruf, dass das Stück es ins Finale geschafft hatte und ich nach Korfu fliegen durfte. Das war genau das, was ich wollte. Ich verbrachte vier Tage auf Korfu und hatte eine großartige Zeit mit den Griechen, die mein Werk im Theater uraufführten. Es war einer dieser Momente, in denen ich vor vollendete Tatsachen gestellt wurde. Ich kam im großen Finale an, in einem riesigen Theatersaal, voller Menschen, mit meinen Mitbewerbern neben mir. Ihre Stücke wurden auch aufgeführt. Dann hörst du dein Stück zum ersten Mal auf der Bühne während des Konzerts. Zum ersten Mal! Das war ein herausfordernder Moment für mich, weil ich am liebsten auf die Bühne gegangen wäre und dem Dirigenten den Taktstock aus der Hand genommen hätte! Ich hätte gerne gesagt: „Lass mich das mal machen!“ An dieser Stelle etwas schneller, dort etwas langsamer. Hier hätte ich gerne dies und das gehabt, und dort hat er den Einsatz verpasst. Es war schwierig. Man sitzt da und ist total angespannt, denkt aber gleichzeitig: Ich hoffe, das wird großartig gespielt! Aber die Griechen haben das großartig gemacht, und seitdem wird das Stück oft aufgeführt.
Damit schließen wir das lange Interview ab. Herzlichen Dank, Mathias, für deine Zeit und deine Einblicke!
Interview mit Mathias Wehr vom 17. Juni 2023, durchgeführt von Lara Kraft, Robert Koch und den Mitwirkenden Claus Carsten Behrendt, Susanne Galisch und Mathias Prediger